Samstag, 29. Oktober 2011

Buchbewertung: House Of Leaves!

Samstag, 29. Oktober 2011
...oder auch; das Buch, das dein Hirn zu Brei verarbeiten wird.

Passend zu Halloween und Dank der Entdeckung des phantastischen Blogs von Smitten Kitten habe ich mich dazu entschlossen, ein kleines Special zu schreiben. Die Rede ist von einem Buch, das mich hat sprachlos werden lassen.

Es war irgendwann im Mai, als ich gerade dabei war, mein phantastisches Praktikum in einer Buchhandlung zu machen und ich irgendwann bei einem Buchmarkt sogar an der Kasse stehen durfte.
Man sollte dazu sagen, dass es sich nicht um Twilight-Buecher handelte, sondern diese nur in meiner Vorstellung glitzerten.
Jedenfalls fiel mir an diesem Tag zum ersten Mal ein Buch in die Hand, welches bald mein Interesse weckte, als man mir es in die Hand gab und sagte, ich sollte mal einen Blick hineinwerfen.

Das ist das Buch.
"Das Haus / House Of Leaves" von Mark Z. Danielewski.

Lange Zeit habe ich mit mir gerungen, ob ich mir dieses Buch kaufen sollte oder nicht, tat es aber dann doch irgendwann.
Wenn man das Buch in den Haenden haelt, ist man schon erstaunt was fuer ein Schinken das eigentlich ist. Ueber 800 Seiten und ein relativ grosses Format fuer ein Taschenbuch lassen einen schon staunen, aber das wirklich besondere faellt einem auf, wenn man das Buch aufschlaegt.
Das aller erste, das man sieht ist eine leere Seite auf der nichts anderes als "Dies hier ist nicht für euch." steht. Man blaettert weiter, liest eine Einleitung, etc. und nach und nach wird es wirrer, bis es so ausieht:
Man kann es garnicht richtig in Worte fassen, was es alles in und an diesem Buch gibt, das mich so unglaublich fasziniert. Zu ersteinmal wird ausnahmslos jedes Mal das Wort "Haus" blau geschrieben. Egal ob es nun allein steht oder in einem anderem Wort eingebaut ist! Krankenhaus, Hausmeister, Haushalt, Gartenhaus, etc.
Und als ob das nicht schon genug waere, ist der Text an vielen Stellen voellig konfus und verwirrend aufgebaut, wie man in dem Bild dort erahnen kann.
Mal steht der Text auf dem Kopf, mal ist er in Spiegelschrift geschrieben, mal liest man eine lange Zeit nur eine schmale Spalte an Text im Buch nur um dann wieder 20 Seiten zurueck zu blaettern um wieder den Anschluss, oder den naechsten Textblock zu lesen.
Dazu spaeter mehr, erstmal sollte ich etwas zum Inhalt erzaehlen...
...
Also...
Das Haus...
Nein. Die Navidson-Familie. Also...
Nein.
...
Mist.
Wie erklaert man diese Geschichte? Ich will ja nichts verraten, aber ich werde mir Muehe geben, das auf ein Minimum zu halten.
Das Buch beschreibt sich selbst als eine Mischung aus Horror-Roman, Ehedrama, Wissenschaftssatire und Snuff-Gewaltporno. Und alles stimmt.

Die Geschichte handelt von der Navidson-Familie, die in ein schoenes Haus in der Ash Tree Lane, Virgina, zieht. Alles ist gut, die Familie besteht aus dem bekannten Photographen Will Navidson, seiner Frau Karen, die als Model arbeitet und den beiden Kindern Chad und Daisy. Alles scheint gut, bis eines Tages Will eine kleine Unebenheit beim Vermessen der Waende auffaellt und damit beginnt der Spuk; das Haus ist anfangs innen nur ein kleines Stueck groesser als aussen und bereits das wurmt den Hausherren. Er holt sich also zu erst die Hilfe seine Bruders und auch als dieser sich das nicht erklaeren kann, holt Will eine Reihe anderer Menschen hinzu, die mit ihm versuchen dieses wundersame Ereignis aufzuklaeren. In der Zwischenzeit erscheint dann der grosse Korridor, um den es scheinbar geht. Im Wohnzimmer der Familie tauchte eine Tuer zu einem Korridor auf, der kein Ende nimmt. Nach und nach versteift sich die Situation und einer nach dem anderem faellt dem Haus zum Opfer.

"Und falls Sie irgendwann einmal zufällig an diesem Haus vorbeikommen sollten, bleiben Sie nicht stehen, gehen Sie auch nicht langsamer, sondern gehen Sie einfach weiter. Da ist nichts. Seien Sie vorsichtig..."

Ich weiss, das klingt so erstmal nach nichts wildem, aber das ist nur der Inhalt des sogenannten 'Navidson-Record', den Will Navidson waehrend seiner Zeit im Haus gemacht hat.
Dieser Film wurde einem gewissem Zampanò analysiert und niedergeschrieben. Und das, was dieser   Zampanò geschrieben hat, wurde nach seinem Tod von einem Johnny Truant gefunden und kommentiert. Und DAS liest man als Leser. Man liest die kommentierte Analyse des Navidson-Record. Und der Navidson-Record ist eine Geschichte, die einem mit grosser Sicherheit Kopfschmerzen bereiten wird, denn man wird einfach nicht aufgeklaert, was in diesem Korridor lauert. Man erfaehrt nur, was es dort alles nicht gibt. Durch die Analyse von  Zampanò wurden viele Kommentare und Meinungen von bekannten Autoren und Schriftstellern (wie zum Beispiel Stephen King), Physikern, Architekten, Philosophen und anderen mit eingebracht. Und dadurch, dass der Herr Truant dieses nochmal kommentiert hat und einen gewissen autobiographischen Text eingefuehrt hat, liest man im Prinzip drei Buecher aufeinmal. Und alle handeln von dem Haus in der Ash Tree Lane.
Du stutzt? Das mache ich auch. Es stehen ganze Analysen und Essays von Leuten im Buch, die den Film gesehen haben. Aber es ist doch nur ein Buch, oder? Aber wieso hat dann Stephen King seine Meinung gegenueber Zampanò geschildert? Es gibt den Navidson-Record doch nicht.

Ich bin ein Mensch, der sich vor nicht vielem gruselt. Zumindest behaupte ich das jetzt einmal. Dennoch muss ich sagen, dass mich dieses Buch fertig macht. Natuerlich wird das irgendwo alles gefaelscht sein, ja, aber es erscheint unbeschreiblich realistisch. Es kommt einem wirklich so vor, als wuerde es den Navidson-Record wirklich geben. Diese Vorstellung laesst einen durchdrehen.

Kommen wir zum Abschluss;
Das Buch an sich ist schlicht und ergreifend phantastisch! Danielewski hat zehn Jahre an diesem Buch geschrieben und das merkt man. Seine Schwester, eine Song-Writerin namens Poe hat ein komplettes Album zu diesem Buch gemacht, dessen Lieder sich alle um das Haus drehen. "Poe - Haunted" ist zum Beispiel ein grossartiges Lied.
Das Buch ist so unglaublich aufwaendig gemacht, die Typographie, der Wechsel der Schriftarten, Schriftgroessen, etc. ist einfach bezaubernd. Die Geschichte ist spannend, man will einfach wissen, was im Herzen des Hauses liegt und man will wissen wie es weiter geht. Es gab zudem ein komplettes Kapitel mit mathematischen Formeln und deren Erklaerung zum Thema 'Resonanzfrequenzen'. Wieso? Weil man das Wissen ueber Echos einfach braucht um die folgenden Kapitel zu verstehen. Es gibt rund 450 Fussnoten, die sich teilweise ueber vier Seiten ziehen. Es gibt ganze Kapitel mit den Geschichten aus griechischer Mythologie, nur um die folgenden Seiten zu verstehen. Man lernt sogar was bei diesem Buch. Und zwar nicht gerade wenig.

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Gesamtergebnis: acht von zehn Sternen.
Es waeren die vollen zehn Sterne, aber ich muss ganz ehrlich gestehen, dass die Geschichte stellenweise nur sehr schleppend voran getrieben wird, weil die Fussnoten und das Leben von Johnny Truant mich nicht sooo sehr interessiert haben und es auch SEHR anstrengend zu lesen ist, wenn ein einziger Satz eine ganze Seite lang geht.
Dennoch; ich kann das Buch nur jedem empfehlen, der mal wieder etwas lesen moechte, an dem man etwas laenger zu knabbern hat. Allerdings ist es wirklich anstrengend und somit nichts fuer "zwischendurch". Ausserdem ist es das erste Buch, das ich wirklich unheimlich fand und immernoch finde, denn ich bin noch nicht fertig mit dem Buch. Beim Lesen bekommt man Angst davor, sich umzudrehen und nachzusehen was hinter einem ist, nur um zu sehen, dass dort nichts ist. Und dann bekommt man richtig Angst vor dem, was da eben nicht ist.

Noch nie habe ich ein Buch wie "Das Haus" gelesen...
Das Haus bei Thalia.

Man dankt fuer's Lesen;
Torben.

PS: Happy Halloween!

3 Kommentare:

Smitten Kitten hat gesagt…

Oh huch! Danke für den Link und die Erwähnung an sich! *blush*

Du kämpfst dich wirklich durch das Buch, oder? Ich habe es vor einigen Jahren gelesen, weil einer meiner Lieblingsmusiker es empfohlen hat. Es soll wohl sein Lieblingsbuch sein und ich kann nur sagen: Der Mann ist verrückt! Also, der Musiker und auch der Autor! Ich glaube, ich konnte das Buch damals nicht beenden und habe auch nur noch behalten, dass irgendwann eine Stripperin (Prostituierte?) vorkam, die "Thumper" hieß, weil sie Klopfer aus Bambi irgendwo tätowiert hatte. Was auch wieder viel über meinen Geisteszustand aussagt. Umso besser, dass ich jetzt von dir quasi die Zusammenfassung nochmal schön kompakt bekomme. :)

Und dir auch Happy Halloween! :D

Yvonne hat gesagt…

Sprachlos trifft es genau: Ganz oft habe ich mit offenem Mund vor dem Buch gesessen, staunend darüber, wie Danielewski es geschafft hat, Form und Inhalt übereinander zu schieben, Authentizität mit Horror zu mischen und für den Leser selbst die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu lassen.

Dieses Buch liest man nicht, man erlebt es, wird hineingezogen und findet kaum wieder heraus.

Meine Rezension zu diesem faszinierenden Buch gibt's hier: http://www.leselink.de/buecher/horror/das-haus.html

mirrx hat gesagt…

ich habe es mir einfach mal gekauft, weil das meeega spannend und faszinierend klingt.... ich berichte dann wie ich es fand ;)
ps: finde deinen blog sehr lustig, schreib doch mal wieder was ;)

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